H. Friesinger u.a. (Hrsg.): Gesellschaftliche Phänomene

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Titel
Zentrum und Peripherie. Gesellschaftliche Phänomene in der Frühgeschichte. Materialien des 13. Internationalen Symposiums «Grundprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im mittleren Donauraum», Zwettl, 4.–8. Dezember 2000


Herausgeber
Friesinger, Herwig; Alois Stuppner
Reihe
Mitteilungen der Prähistorischen Kommission 57
Erschienen
Wien 2004: Selbstverlag
Anzahl Seiten
437 S.
Preis
ISBN
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Urs Niffeler

Der Band enthält 4 Beiträge von Historikern und 16 von Archäologinnen und Archäologen. Am Anfang steht ein gut 80 Seiten umfassender Artikel, in dem Gerhard Dobesch (Institut für Alte Geschichte der Universität Wien) die Phänomene Zentrum und Peripherie aus historisch-politologischer Sicht analysiert und dabei theoretisch und anhand konkreter Beispiele von den frühen mesopotamischen Reichen bis in die Neuzeit aufzeigt, wie vielschichtig die Begriffe sind: Was macht ein Zentrum aus? Wie verhalten sich Zentren zueinander: konkurrenzierend, einander stimulierend, einander nicht beachtend? Wie sind monozentrische, wie polyzentrische staatliche und quasi-staatliche Gebilde strukturiert? Sodann als Komplementäres die «Peripherie»: Welche Formen sind zu unterscheiden? Was macht äussere Peripherien und innere Peripherien aus? Welche Typen von Beziehung – oder eben: Nicht-Beziehung – zum Zentrum gibt es? Deutlich wird auch, dass ein Gebilde zugleich Zentrum und Peripherie sein kann, je nach dem betrachteten Aspekt: Athen etwa war noch lange Zeit kulturelles Zentrum, als die Stadt politisch jede Bedeutung verloren hatte. Dobesch wendet sich sodann dem Aspekt des Kulturtransfers zu und zeigt auf, welche Fülle unterschiedlicher Prozesse möglich sind: vom Kulturtransfer über Akkulturation, Mischung, Konkulturation, Integration, Multikulturalität bis zu Antikulturation, um nur einige zu nennen. Im abschliessenden, mit «Die Probe aufs Exempel: antike Kelten» überschriebenen Kapitel schliesslich sichtet und interpretiert G. Dobesch auf rund 30 Seiten vorab schriftliche Quellen, um die Entwicklung der Kelten, ihre Wanderungen, ihre staatlichen Strukturen, politischen Strukturen, ihr Selbstverständnis und ihre Sicht der Welt so weit als möglich zu rekonstruieren; er setzt sich zudem mit der Kunst auseinander, in der er auch in anderen Bereichen konstatierte Wesenszüge oder deren Wirken wiedererkennt.
Die drei weiteren historischen sowie die grosse Mehrheit der archäologischen Beiträge behandeln Phänomene aus der Spätantike und aus dem Frühmittelalter; eine Ausnahme ist etwa ein Artikel zu spätlatènezeitlichen Plätzen, an denen möglicherweise Glas verarbeitet wurde. Der Begriff «mittlerer Donauraum» im Titel trifft auf die Mehrheit der Artikel zu, ist aber nicht ausschliesslich zu verstehen: ein Beitrag von Thomas Fischer hat ein Grab in Brandenburg zum Inhalt, Funde aus dem heutigen Polen und aus dem ukrainisch-rumänischen Raum bilden in anderen Beiträgen die materielle Ausgangsbasis für die Reflexion zum Symposiumsthema, Max Martin geht der Frage nach, wie Denare aus dem 1. und 2. Jh. in Gräbern des 5. Jh. östlich und westlich des Rheins zu deuten sind – und illustriert damit einen Fall, in dem sich die Rollen von Zentrum und Peripherie im Verlauf der Jahrhunderte vertauscht haben.

Zitierweise:
Urs Niffeler: Rezension zu: Herwig Friesinger, Alois Stuppner (Hrsg.) Zentrum und Peripherie. Gesellschaftliche Phänomene in der Frühgeschichte. Materialien des 13. Internationalen Symposiums «Grundprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im mittleren Donauraum», Zwettl, 4.–8. Dezember 2000. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse, Mitteilungen der Prähistorischen Kommission 57. Wien 2004. 437 S., zahlreiche Abb. Zuerst erschienen in: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Nr. 88, 2005, S. 403.

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